Konstantine Gamsachurdia
König Dawit der Erbauer – Erstes Buch
Eine Romantetralogie über die georgische Geschichte
- Aus dem Georgischen übersetzt und mit einem
Nachwort von Heinz Fähnrich -
(Neuausgabe – 1. Auflage)
Ein aktionsreicher, spannender historischer Roman aus
dem „Goldenen Zeitalter“ Georgiens, dem Aufstieg und dem Leben des seiner Zeit weit
vorausdenkenden, legendären Königs Dawit, dem es gelang, Georgien zu einem der
in politischer und kultureller Hinsicht einflussreichsten Länder Vorderasiens
zu machen und dessen Eigenständigkeit zu sichern. Ein Buch mit neuer Brisanz
und staunenswerter Aktualität.
König Dawit der Erbauer,
dessen Leben und Regierungszeit der Verfasser Konstantine Gamsachurdia als
Romanstoff auswählte, ist eine der überragenden Persönlichkeiten der
georgischen Geschichte, die nachhaltigen Einfluss auf den Werdegang des Staates
ausgeübt und ihn bis heute nicht verloren hat. Er herrschte von 1089 bis 1125
und war der Sohn des Königs Giorgi II. Als er in jungen Jahren den Thron
bestieg, übernahm er ein schweres Erbe. Im Innern seines Reichs führten sich
die Seldschuken als Herren auf, und die Wirtschaft, das gesellschaftliche Leben
und die Kultur des Landes waren völlig zerrüttet.
Nachdem er diese vertrieben
und viele weitere Schlachten siegreich beendet hatte, ging er in die Geschichte
ein und wurde zur Symbolfigur für die Einheit des Landes. Unter seiner Führung
war Georgien im vorderasiatischen Raum zu einer beachtlichen politischen Macht
geworden.
König Dawit war ein
hochgebildeter Mensch, er kannte das georgische Schrifttum und war in der
antiken Literatur und in orientalischen Werken bewandert. Sein gesamtes Wirken
schuf die Grundlagen für den weiteren kulturellen Fortschritt des
mittelalterlichen Georgiens. Er leitete eine Epoche ein, die gern als „Goldenes
Zeitalter“ in die Geschichte Georgiens bezeichnet wird. Das Land wurde zur
politisch einflussreichsten und militärisch stärksten Macht in Vorderasien mit
einer blühenden Wirtschaft und einer gewaltigen kulturellen und geistigen
Ausstrahlungskraft.
Der Herrscher knüpfte an die
nie in Vergessenheit geratenen Traditionen des frühen georgischen Staatswesen
des 2. Jahrtausends vor Christi an und trug wesentlich dazu bei, dass der
georgische Staat in seiner viertausendjährigen Geschichte seine Eigenständigkeit
bis in die Gegenwart bewahren konnte.
Inhalt (Kapitelfolge):
Der Kämpfer mit den zwei
Schwertern – Besprechung eines Weisen und eines Wirren – Muhamed Grdseli –
Zaghwlistawi – Kudsha – Dreier Hoffnung – Geguti – Erinnerungen zur
Dämmerstunde – Wahrsager – Das eingestürzte Schloss – Noch eine seltsame
Nachricht – Wer wagt es, einem Löwen, selbst wenn er einäugig ist, zu sagen, er
schiele? – Kaiserin Mariam – Die Schönste oder die Grausamste? – Der Bischof
mit dem Huf – Choreschan – Im Garten des Pan – „Gürte dich mit dem Schwert!“ –
Die Diamantkette – „Du bist der Rebgarten.“ – „Niemanden sollst du lieben!“ –
Der dreiunddreißigste Diamant – Skythia – Der argwöhnische Sohn Liparits –
Zchenburti – Ein Spruch der Falaschen – Das Schreiben – Der faustkämpfende Hirt
– Togortak und Togorta – „Für die Reisenden …“ – Ein Happen für den Habicht
oder ein Mahl für die Saatkrähe? – Die Aphrodite von Sedaseni – „Misstrauen?“ –
Drei einzelne Haare – „Ein Wurm bin ich und kein Mensch!“ – Der König der
Betterlarmen und Elenden – „Für die Besänftigung der Eristawen …“ – Die Sure
des Korans – Eristawi Schaman – „ … und die Liebe ist eine Unterhaltung für den
Bekümmerten“ – Das doppelte Kreuz – Die Schlangenbeschwörer – Zweier Tod –
Arbeiter aus Klardsheti – „Teuflische Erscheinungen“ – Die Epitimie – Der
Schneemann – Grund und Boden – Wie die Scheide das Schwert abwies – Der Ruf des
Hirschs – Natscharmagewi – Pathos erdomen – Der Adler und die Lockspeise.
Anhang: Nachwort von Heinz Fähnrich – Worterklärungen –
Weiterführende Literatur des Übersetzers – Georgische Literatur im Buchverlag
König.
Zum Autor:
Konstantine Gamsachurdia (geb. 3. Mai
1893 in Abascha, Mingrelien; verst. 17. Juli 1975) war ein georgischer
Schriftsteller. Er gilt als Klassiker der georgischen Literatur des 20.
Jahrhunderts.
Er wurde als Sohn des
adeligen Gutsbesitzers Simon Gamsachurdia geboren, hatte zwei ältere Brüder,
Viktor und Alexander. 1911 legte er das Abitur am Georgischen Gymnasium
in Kutaissi ab. Von 1912 bis 1918 studierte er in Deutschland. Zunächst an der Königsberger
Albertina, dann an der Universität Leipzig und schließlich an der
Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, wo er auch promovierte.
Vorübergehend lebte er als Übersetzer in München, hatte Kontakt zum Kreis um
Thomas Mann, der ihm zur Freilassung aus dem Gefangenenlager in Traunstein
verhalf, wohin er nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges verbracht worden
war. Seine ersten Gedichte überhaupt erschienen auf Deutsch.
Im Jahr 1918 rückte er in den
Vorstand der Gründungsgesellschaft der Staatlichen Universität Tiflis auf. Von
1920 bis 1924 war Gamsachurdia dort außerordentlicher Professor für deutsche
Literatur, gründete die Zeitschrift Prometheus.
1918 und 1919 war er Erster
Sekretär an der Botschaft der Demokratischen Republik Georgien in Berlin, 1920 Gesandter
Georgiens in Italien. Nach der Besetzung Georgiens durch Sowjetrussland 1921,
schloss sich Gamsachurdia der georgischen Befreiungsbewegung an, war bis 1930
einer ihrer Wortführer. 1923 lebte er ein Jahr in Paris. 1924 und 1925 sowie
1926 bis 1928 wurde er von der sowjetischen Geheimpolizei GPU inhaftiert.
In den 1930er Jahren erhielt
er die Unterstützung des 1. Sekretärs des ZK der KP Georgiens und späteren
Geheimdienstchefs der Sowjetunion Lawrenti Beria und sollte dafür einen
"sozialistischen" Roman verfassen. Sein Roman Die Entführung des
Monds spielt sich vor dem Hintergrund der Kollektivierung in Abchasien ab.
1937 half ihm Beria, als Gamsachurdia in Zusammenhang mit Trotzkismus-Vorwürfen
inhaftiert worden war. 1938 erschien der Anfang seines Romanvorhabens Der
Anführer, das von den Kindheitsjahren Stalins handeln sollte, und wurde
daraufhin verboten.
Gamsachurdia kam, eingeladen
von seiner befreundeten Übersetzerin Gertrud Pätsch, zu Besuch in die DDR.
Er war verheiratet, hatte
einen Sohn Swiad (1939–1993) und eine Tochter (Tamara). Der Sohn war von Mai
1991 bis Januar 1992 der erste Präsident Georgiens.
Gamsachurdia verfasste Romane
und Erzählungen, die immer wieder von Konflikten zwischen politischer Macht,
Individuum und georgischen Tugenden (Kartweloba) berichten. Zu den
bekanntesten zählen der Roman Die rechte Hand des großen Meisters
(1939), der die Auseinandersetzung zwischen einem König und seinem
Kathedralen-Baumeister im 11. Jahrhundert schildert, und die Tetralogie David
der Erbauer (1942–1961), in dem es um die reformerischen Leistungen des
gleichnamigen Königs im 12. Jahrhundert geht. Der Autor betätigte sich in
diesen Werken als Historiker (da keine Forschungsliteratur vorlag) und
Romancier. Daneben behandelt dieses Buch eines der Hauptmotive in den Werken
Gamsachurdias, das Ringen eines Künstlers mit der Macht in einer Autokratie,
die ihn repressiert und zugleich fördert.
Gamsachurdia wurde Begründer
einer georgischen Schule der Goethe-Forschung, übersetzte 1928 Goethes Die
Leiden des jungen Werthers ins Georgische, schrieb einen Goetheroman. In
Deutschland veröffentlichte Gamsachurdia vor dem Ersten Weltkrieg 30 Artikel
und einzelne Gedichte.
Er wurde zum Mitglied der Georgischen
Akademie der Wissenschaften berufen. 1965 erhielt er den georgischen Schota-Rustaweli-Staatspreis
für Literatur.
Zum Übersetzer:
Heinz
Fähnrich (* 10. Januar 1941 in Hammer,
Reichsgau Sudetenland) ist ein deutscher Kaukasiologe.
Fähnrich wurde am 10. Januar
1941 in Hammer bei Brüx im damaligen Sudetengau geboren. 1959 schloss
er die Schulausbildung mit dem Abitur ab.
Bereits in seiner Jugend
interessierte er sich für Altertumswissenschaften und wünschte sich, einmal
nach Ägypten zu reisen. Nachdem er 1960 ein Studium der Archäologie in Jena
aufgenommen hatte, weckten vor allem die Vorlesungen von Gertrud Pätsch sein Interesse.
Angeregt durch sie studierte er zunächst Indonesisch und dann die georgische
Sprache. 1965 schloss er sein Studium ab.
Ab 1965 war Fähnrich
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ferdinand-Hestermann-Institut der
Friedrich-Schiller-Universität Jena und wurde dort 1969 promoviert. Ein
Partnerschaftsvertrag zwischen der Jenaer Universität und der Staatlichen
Universität Tiflis ermöglichte ihm, nach Georgien zu reisen. Dort verteidigte
er 1970 seine Habilitationsschrift auf Georgisch und wurde 1971 in Tiflis
habilitiert. Ab 1986 hatte er an der Universität Jena den deutschlandweit
einzigen Lehrstuhl für Kaukasiologie inne. Seine Forschungsgebiete sind
historisch-vergleichende Sprachwissenschaft und Kaukasiologie. 2006 wurde er
emeritiert.
Seit 1996 ist Fähnrich
Mitglied der Georgischen Akademie der Wissenschaften.
Fähnrich hat zahlreiche
Bücher zur Geschichte, Sprache und Literatur Georgiens veröffentlicht, darunter
„Kurze Grammatik der georgischen Sprache“ (1986, 1987, 1993), „Georgische
Literatur“ (1993), „Grammatik der altgeorgischen Sprache“ (1994) und gemeinsam
mit Surab Sardshweladse „Altgeorgisch-deutsches Wörterbuch“ (1999). Im Rahmen
des Handbuchs der Orientalistik publizierte er 2010 die „Geschichte Georgiens“,
2012 „Die georgische Sprache“ und 1995 gemeinsam mit Surab Sardshweladse
„Etymologisches Wörterbuch der Kartwel-Sprachen“. Zudem hat er sich als
Übersetzer georgischer Literatur hervorgetan, unter anderem von „Der Mond von
Mtazminda“ (Galaktion Tabidse), „Die Weisheit der Lüge“ (Sulchan-Saba
Orbeliani) „Lascharela“ sowie „Die lange Nacht“ (Grigol Abaschidse), Märchen,
Sagen und Lyrik. Seit 1978 erscheint jährlich die zuerst in Jena, dann in
Konstanz und gegenwärtig in Aachen verlegte wissenschaftliche Zeitschrift
„Georgica: Zeitschrift für Kultur, Sprache und Geschichte Georgiens und
Kaukasiens“, deren Chefredakteur er war.
Nachwort:
Zwei große Herrscherdynastien hat es
in der Geschichte Georgiens gegeben, beide haben viele Jahrhunderte über das
Land im Süden Kaukasiens regiert. Die erste ist die der Parnawasiden, die vom
4. vorchristlichen Jahrhundert, wahrscheinlich aber schon bedeutend früher, bis
in das 6. nachchristliche Jahrhundert die Macht ausübte. Bis zum 6. Jahrhundert
trugen die Parnawasiden den Titel „König“ (Mepe), danach bis zum 8. Jahrhundert
den Titel „Eristawta Mtawari / Erismtawari“. Ihnen folgte das Geschlecht der
Bagratiden, das aus der südwestgeorgischen Provinz Speri stammte und vom 10.
Jahrhundert bis zum 19. Jahrhundert herrschte.
Konstantine Gamsachurdia
(1893-1975) greift in seinem Roman „König Dawit der Erbauer“ eine entscheidende
Zeit im Verlauf der Bagratidengeschichte auf, die für das Eigenverständnis der
georgischen Nation von großer Bedeutung gewesen ist. Das geschieht nicht zufällig.
Das nationale Selbstbewusstsein und der Gedanke der nationalen Einheit stehen
bei ihm weit im Vordergrund. Der Lebenslauf des Schriftstellers ist auch mit
unserem Land verbunden, denn nach seiner Gymnasialzeit in Kutaisi reiste er
nach Deutschland, wo er von 1912 bis 1919 an den Universitäten von Leipzig,
München und Berlin studierte. Er war ein führender Vertreter der „Akademischen
Gruppe“ georgischer Schriftsteller, deren Zeitschriften er redaktionell
betreute. Seine Erzählungen und Romane behandeln sowohl Gegenwartsthematik als
auch historische Stoffe seiner Heimat („Die rechte Hand des großen Meisters
Konstantine“, die Tetralogie „Dawit der Erbauer“ und der unvollendet gebliebene
Roman „Tamar“). Wie stark seine politischen Ansichten und Anregungen auf die
Entwicklung der folgenden Generation gewirkt haben, ist daraus ersichtlich, daß
sein Sohn Swiad 1990/91 Georgien auf demokratischem Weg aus dem Verband der
Sowjetunion löste und die Unabhängigkeit des Landes wiederherstellte.
König Dawit der Erbauer,
dessen Leben und Regierungszeit der Verfasser als Romanstoff auswählte, ist
eine der überragenden Persönlichkeiten der georgischen Geschichte, die
nachhaltigen Einfluß auf den Werdegang des Staates ausgeübt und ihn bis heute
nicht verloren hat. König Dawit herrschte von 1089 bis 1125. Er war der Sohn
des Königs Giorgi II. Als er in jungen Jahren den Thron bestieg, übernahm er
ein schweres Erbe. Im Innern seines Reichs führten sich die Seldschuken als
Herren auf, und die Wirtschaft, das gesellschaftliche Leben und die Kultur des
Landes waren völlig zerrüttet. Dawit scharte anfangs vertrauenswürdige Personen
um sich, versah sich mit eigenen Streitkräften, auf die er sich besser
verlassen konnte als auf die Truppen, die ihm seine Fürsten und Vasallen zu
stellen hatten, und begann einen Kleinkrieg gegen die Seldschuken, die empfindliche
Verluste hinnehmen mussten.
Eine große Gefahr für den
georgischen Staat ging damals von den Fürsten aus. Dawit ging energisch gegen
sie vor. Er entmachtete Liparit Baghwaschi und Dsagan Abuletisdse, die ihm
abtrünnig geworden waren, und zog deren Landbesitz ein. Mit gleicher Konsequenz
ging er gegen die hohe Geistlichkeit vor. Auf der Synode von Ruisi-Urbnisi
setzte er durch, dass nicht Adel und vornehme Herkunft für ein Kirchenamt
maßgebend sein sollten, sondern Fähigkeit und persönliche Integrität. Damit
zeigte er dem Hochadel in der Kirche seine Schranken auf und machte die Kirche
zu seinem Verbündeten. Gleichzeitig förderte er den Bau von Kirchen und
Klöstern, schenkte ihnen Land und gewährte ihnen völlige Steuerfreiheit.
Weitreichende Reformen führte Dawit auch im Staatsapparat, im Gerichtswesen,
durch die Einführung eines ihm unterstehenden Geheimdienstes und im Heereswesen
durch. Er begnügte sich nicht mit der Vergrößerung der Streitkräfte und der
Verbesserung ihrer Kampftechnik und Disziplin, sondern sorgte auch für die Bereithaltung
eines ständigen Reiterheeres und die Aufstellung einer Königsgarde. Zudem nahm
er Kontakt zu den Kreuzrittern auf, die gleichfalls gegen die Seldschuken
kämpften.
Nachdem Dawit Innerkartli von
den Seldschuken befreit hatte, wandte er sich gegen Kachetien und Heretien, um
diese östlichen Landesteile wieder mit Georgien zu vereinen. Er nahm die
Festung Sedaseni ein, so daß Kachetien offen vor ihm lag. Doch bevor er angreifen
konnte, hatten die Fürsten Heretiens, die auf seiner Seite standen, den
kachischen König gefangengenommen und lieferten ihn Dawit aus, so daß Kachetien
und Heretien kampflos mit dem übrigen Georgien vereint werden konnten. Die
zunehmende Stärke Georgiens nahmen die arabischen und türkischen Staaten in der
Nachbarschaft mit Unbehagen wahr. Sie schlossen sich unter der Führung des
Atabags von Gandsa zusammen und stellten sich Dawit in der Schlacht bei Erzuchi
entgegen, die mit dem Sieg der Georgier endete.
Da Niederkartli noch in der
Hand der Türken war, zog Dawit mit seinem Heer unter Umgehung von Tbilisi, wo
die Hauptmacht seiner Gegner stand, nach Süden, eroberte die Festung
Samschwilde und nutzte diesen Sieg, um weitere Burgen zu besetzen. Der Verlust von
Niederkartli traf die Türken schwer, sie rüsteten zum Gegenschlag und griffen
die Georgier auf der Hochebene von Trialeti an, erlitten aber eine Niederlage,
die Dawit nutzte, um Rustawi zu befreien, und im Jahr darauf vertrieb er die
Türken auch aus Tao. Die Seldschuken zogen den Schah von Scharwan auf ihre
Seite und zwangen Dawit damit, im Jahre 1117 militärisch gegen ihn vorzugehen.
Gemeinsam mit seinem Sohn Demetre unterwarf er Scharwan und brachte dadurch
auch die letzte heretische Festung unter seine Kontrolle. Seither rannten die
Georgier gegen die noch in Seldschukenhand verbliebenen Gebiete an, um auch sie
zu befreien. Dem Verlust Tbilisis vorzubeugen, stellten die Türken ein riesiges
Koalitionsheer zusammen, mit dem sie durch Niederkartli ins Innere Georgiens
zogen. Die Georgier besaßen nur ein Sechstel der türkischen Truppenstärke. Doch
am Didgori, einem Berg in Niederkartli, besiegten die Georgier die vielfache
türkische Übermacht und öffneten den Weg nach Tbilisi, das sie im Jahre 1122
eroberten. Alle weiteren militärischen Versuche der Türken, ihre Macht über
Georgien wiederherzustellen, wehrte Dawit erfolgreich ab. Er festigte seine
Macht in Scharwan und Armenien, und als er im Jahre 1125 starb, hinterließ er
einen einigen, straff geführten georgischen Staat mit kampferprobten Truppen.
Ein beredtes Zeugnis für das
gewachsene Selbstbewusstsein des georgischen Königs ist der Umstand, dass er
auf den byzantinischen Titel „Kuropalat“ verzichtete und statt dessen auf seine
Münzen die Formel prägen ließ: „König der Könige Dawit, Sohn Giorgis, Schwert
des Messias“. Unbesiegt ging Dawit in die Geschichte ein, und er wurde zur
Symbolfigur für die Einheit des Landes. Unter seiner Führung war Georgien im
vorderasiatischen Raum zu einer beachtlichen politischen Macht geworden. In
Europa betrachtete man Georgien als „Vorposten im Kampf gegen den Islam“, und
in die Sagenwelt fand König Dawit als Retter der Christenheit vor den
Ungläubigen Eingang.
König Dawit war ein
hochgebildeter Mensch, er kannte das georgische Schrifttum und war in der
antiken Literatur und in orientalischen Werken bewandert. Zudem besaß er
Fremdsprachenkenntnisse in Arabisch und Persisch, wahrscheinlich auch
Griechisch und Hebräisch. Die Bibel und den Koran kannte er gleichermaßen gut.
Dawit trat auch als Dichter hervor. Seine „Gesänge der Reue“ vermitteln ein
Bild seiner tiefen Religiosität, offenbaren aber auch sein inneres Empfinden
und Seelenleben, die innig mit seinen politischen Erfahrungen verknüpft sind.
Den Beinamen „der Erbauer“
verliehen ihm seine Zeitgenossen, weil er sich sowohl in politischer als auch
in praktischer Bautätigkeit hervortrat. Mit seinem Namen ist der Bau des
Klosters Gelati verbunden, an das er zu Lehrzwecken den Theologen, Philosophen
und Wissenschaftler Ioane Petrizi eigens aus Byzanz in seine Heimat
zurückberief. Dawits gesamtes Wirken schuf die Grundlagen für den weiteren
kulturellen Fortschritt des mittelalterlichen Georgiens. Er leitete eine Epoche
ein, die gern als „Goldenes Zeitalter“ in die Geschichte Georgiens bezeichnet
wird. Unter seiner Regierung über die seiner Nachfolger Demetre, Giorgi III.
und Tamar bis Giorgi Lascha führt der Weg zu immer größerer Machtfülle des
georgischen Staates. Das Land wurde zur politisch einflussreichsten und
militärisch stärksten Macht in Vorderasien mit einer blühenden Wirtschaft und
einer gewaltigen kulturellen und geistigen Ausstrahlungskraft.
König Dawit knüpfte an die
nie in Vergessenheit geratenen Traditionen der frühen georgischen Staatswesen
des 2. Jahrtausends vor Christi an und hat wesentlich dazu beigetragen, dass
der georgische Staat in seiner viertausendjährigen Geschichte seine
Eigenständigkeit bis in die Gegenwart bewahren konnte. Diese Tatsache unvergesslich
zu machen, hat sich Konstantine Gamsachurdia in seiner Romantetralogie bemüht.
(Heinz Fähnrich)
Buchangaben:
498 Seiten, Hardcover, Format
15,0 x 21,0 cm
Mit einem Nachwort und einem
Worterklärungsregister von Heinz Fähnrich
EUR 26,10 (A) /
CHF 45,70
Dieser Artikel wurde am Freitag, 10. Januar 2025 im Shop aufgenommen.