Rudolf Schramm
Die Mühle unter der Teufelskanzel
Sagen aus dem Tal der Weißen
Elster (Band 2)
2. Auflage
Diese Sagensammlung des bekannten
vogtländischen Sagenforschers Rudolf Schramm zeichnet sich dadurch
aus, dass versucht wird, die jeweiligen Überlieferungen aus dem
mittleren Elstertal in der näheren Umgebung der Stadt Greiz in
historische, volkskundliche, naturwissenschaftliche und andere
Zusammenhänge zu stellen und somit den Leser zusätzliche
Informationen zu vermitteln. Dabei hat Schramm die hier aufgenommenen
Sagen nicht allein älterer gedruckter Literatur entnommen, sondern
auch rein mündlich-gedächtnismäßig überlieferte Texte in die
Auswahl einbezogen und dabei eigene Aufzeichnungen als auch die ihm
bekannter Heimatfreunde genutzt. Durch seine behutsame, anschauliche
Neuerzählung, ohne Veränderung der Aussage und des Gehalts,
erreicht der Autor, dass sich auch der heutige Leser angesprochen
fühlt.
Die Illustrationen von Dieter
Hellfritzsch gehen zum Teil über den Rahmen einer rein bildlichen
Abbildung des Geschehens in den jeweiligen Texten hinaus und
unterstreichen einfühlsam die Stimmung und den Reiz der Sagen. Ein
geografisch geordnetes Ortsregister und ausführliche Erläuterungen
mit einem Quellenverzeichnis, das auch Archivalien einschließt,
stehen dem Leser zur schnellen und sachkundigen Orientierung zur
Verfügung.
Zum Inhalt
I. Natursagen 1. Kapitel: Hausgeister / 2. Kapitel : Naturgeister / 3. Kapitel : Der Teufel / 4. Kapitel : Der Drache / 5. Kapitel : Irrlicht und
Feuermann
II. Geschichtliche Sagen 1. Kapitel: Von Burgwällen,
Ritterburgen und Schlössern / 2. Kapitel: Das Bauopfer
III. Volksglaube 1. Kapitel: Schätze und Schatzgräber / 2. Kapitel: Schwarzkünstler und
Zaubermeister / 3. Kapitel: Von Nachtspuk und
Geisterwelt / 4. Kapitel: Rätsel um Berge,
Gewässer und Höhlen / 5. Kapitel: Nachlese aus Dorf und
Stadt
IV. Allerlei Narretei
Zum Autor: „Das Weiße Elster und ihr Nebenfluß Göltzsch
einstmals Gold mit sich führten, wußten vor längst vergangenen
Zeiten findige Männer, die meist von weither aus Italien oder
Österreich kamen, um im Bett der Flüsse nach Goldkörnern oder im
goldhaltigen Gestein der Berge zu suchen. Sie betrieben ihre Wasch-
und Schürfarbeit mit großer Heimlichkeit und hielten sich mit ihren
Schätzen in Uferhöhlen der Flüsse versteckt ...“
Diese Zeilen sind keine Aufforderung
zur Suche nach verborgenen Schätzen, sondern dies ist ein Auszug aus
dem Buch „Venetianersagen“, das der weitbekannte Sagenforscher
Rudolf Schramm veröffentlicht hat. Kurz vor dem Weihnachtsfest des
Jahres 1990 ist er, der sich wie kein Zweiter um den Sagenschatz der
vogtländischen Heimat verdient gemacht hat, im 89. Lebensjahr
verstorben.Liest man seine heimat- und
regionalgeschichtlichen Sammlungen, so wird einem sehr schnell
deutlich, dass der Autor schon in seiner Kindheit die Faszination von
erzählter Historie und überlieferten phantastischen Ereignissen
erfahren haben muss. Damals konnte er jedoch nicht ahnen, dass die
Geschichten, die ihm seine Großeltern und Eltern erzählten, später
als Grundstock dienen sollten für sein schriftstellerisches Werk. Zwischen seiner Kindheit und der
ersten Publikation liegen lange, entbehrungsreiche Jahre. Da man
schon in seiner Jugend auf seine naturwissenschaftliche und
geschichtliche Begabung aufmerksam wurde, schien der Besuch des
Greizer Lehrerseminars folgerichtig. Nach dem Verlassen dieser
Bildungsstätte erwarb er sich durch seine Aufrichtigkeit und sein
Einfühlungsvermögen bei den Schülern einen guten Ruf als Pädagoge.
Während seiner Lehrertätigkeit in Großfurra im Harz lernte er
seine treue Weggefährtin Käthe Schmidt kennen und lieben. Nach der
Trauung in der Kirche von Greiz-Aubachtal war Rudolf Schramm in
verschiedenen Schulen seines Heimatortes Greiz tätig. Die
Vermittlung des erworbenen Wissens, die Weitergabe von
naturkundlichen und historischen Erkenntnissen, war die Berufung, die
sein Leben ausfüllte. Sie wurde unterbrochen durch seine
Soldatenzeit im 2. Weltkrieg. 1946 kehrte er aus russischer
Kriegsgefangenschaft zurück. Den neuen Herren war seine frühere
Lehrertätigkeit bekannt und sie vermittelten ihn an die Schule
Greiz-Irchwitz. Über seine Weigerung, in die SED einzutreten, war
man verwundert, nahm diese Entscheidung aber stillschweigend hin.
Neben dem Schulunterricht wandte sich
Rudolf Schramm in immer stärkerem Maße der Heimatforschung zu. In
den Veröffentlichungen, die von ihm in Zeitungen und Zeitschriften
erschienen und in denen vorrangig geschichtliche Themen der Greizer
Region aufgegriffen wurden, beharrte der Autor auf wahrheitlicher,
nicht durch agitatorisches Scheinwissen getrübter,
Berichterstattung. Die Folge seiner Einstellung war, dass ihm
jegliches Publizieren von den „öffentlichen Organen“ schwer
gemacht wurde. Rudolf Schramm galt fortan als unbequem und
verdächtig, weil er unermüdlich weiter der Wahrheit auf der Spur
war und seine diesbezüglichen Gedanken zu Papier brachte. – Dies
hielt ihn jedoch nicht davon ab, aus dem „Treibsand des Alltags“,
aus den genehmigten geschichtlichen Fakten, die literarischen
Goldkörner - sagenhafte Erzählungen - herauszuwaschen. Im
Verborgenen stellte er das an langen Abenden erarbeitete Manuskript
für zwei Sagenbände zusammen. Er betrieb seine „Wasch- und
Schürfarbeit mit großer Heimlichkeit und hielt sich mit (seinen)
Schätzen ... versteckt.“ Die Jahre anstrengender „Wasch- und
Schürfarbeit“ gingen dahin. Zu seiner eigenen Überraschung kam
ein Angebot vom damaligen „Kulturbund Greiz“, die Sammlung in
drei Broschüren herauszubringen. In der Tat erschienen „Die
Wunderblumen vom Röschnitzgrund – Sagen und sagenhafte Erzählungen
des mittleren Elstertales aus den Kreisen Greiz und Zeulenroda“
(1981); „Die Mühle unter der Teufelskanzel – Volkssagen,
seltsame Begebenheiten und lustige Geschichten des mittleren
Elstertales, vorwiegend aus den Kreisen Gera-Stadt, Gera-Land, Greiz
und Zeulenroda“ (1982) und „Das Liebschwitzer Ranzenmännchen –
Volkssagen und sagenhafte Erzählungen des mittleren Elstertales,
vorwiegend aus den Kreisen Gera-Stadt und Gera-Land“ (1984), die
bereits kurz nach ihrem Erscheinen einen breiten Leserkreis fanden.
Diese Herausgabe war für ihn ein hoffnungsvoller Schritt in Richtung
Anerkennung seiner schöpferischen Leistungen. Jedoch war der Autor
nicht über Nacht rehabilitiert worden, wie man vermuten könnte. Zu
den zusammengestellten Sagen fehlten teilweise die Kommentare des
Verfassers, die den jeweiligen Stoff in einen gültigen
kulturgeschichtlichen und volkskundlichen Zusammenhang gestellt
hätten. Erst in den Nachauflagen gelang es, die genauen Recherchen
beizuordnen und dadurch die kulturelle Identität der
ostthüringischen Region bei den Lesern zu vertiefen. Der Alp, der
Trut, der Huckauf, die Windsbraut, die Roggenmutter, der
Bilwenschnitter, der Wilde Jäger, Nixe und Wassermann und viele
andere Sagengestalten erblickten das Licht, der Autor aber blieb
bescheiden im Dunkel. Nach dem tragischen Tod seiner Frau
im Jahre 1982 schienen seine Lebenskräfte gebrochen. Was sollte
dieses einsame Dasein noch für ihn bereithalten? Er war 80 Jahre,
und alles schien für ihn seinen eigentlichen Sinn und seine
Bedeutung verloren zu haben. – Aber richtig, da waren ja noch der
Getreue Eckart, der Pumphut und andere Zaubermänner, und da waren
die vielen anderen geheimnisvollen Figuren, die noch im Verborgenen
auf ihre Wiederentdeckung warteten. – Noch einmal machte sich
Rudolf Schramm als hochbetagter Mann ans Werk. Er fuhr über Land,
blätterte in Chroniken und Archiven, war Leser in verschiedenen
Bibliotheken, ließ sich Geschichten erzählen von Leuten, die er
traf, zeichnete diese auf, verglich sie mit anderen Sagen und stellte
nochmals neue Manuskripte zusammen. Seine Bücher „Von Kirchen,
Klöstern und Kapellen – Sagen aus dem Gebiet zwischen Saale und
mittlerer Weißer Elster“ (Evangelische Verlagsanstalt GmbH, Berlin
1983); Venetianersagen – von geheimnisvollen Schatzsuchern“ (VEB
Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1985) und „So
ruf ich dich zu Gottes Ehr – Glocken und Glockenbräuche im Spiegel
der Sage“ ((Evangelische Verlagsanstalt GmbH, Berlin 1986) sind
literarische Leistungen der Sagenforschung im ostthüringer Raum, die
weit über diesen hinausstrahlen und Rudolf Schramm bei den Lesern
unvergessen machen. (GEK)
ca. 240 Seiten , 135 Sagen mit
Illustrationen von Dieter Hellfritzsch, dem geographischem
Ortsregister und dem Quellenverzeichnis, Hardcover, gebunden, Format 15,0 x
21,0 cm
EUR
20,80 (A) / CHF 36,50
ISBN 978-3-943210-97-2
Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 04. Mai 2017 im Shop aufgenommen.