Buchverlag König

Ritter, Räuber, arme Gecken

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Hagen Seehase

Ritter, Räuber, arme Gecken

Das Elsaß im Spätmittelalter 1350-1500

Das Elsaß, heute die östlichste Provinz Frankreichs, ist eine der geschichtsträchtigsten und außergewöhnlichsten Regionen Europas, in der im Mittelalter Ritter, Räuber und „arme Gecken“ das Geschehen bestimmten und skurrile Erlebnisse an der Tagesordnung waren.

Das Elsaß, heute die östlichste Provinz Frankreichs, die sich von der Pfälzer Grenze im Norden bis zur Schweizer Grenze im Süden, vom Vogesenhauptkamm im Westen bis zum Rhein im Osten erstreckt, ist eine der geschichtsträchtigen Regionen mit einer einmaligen Landschaft, die durch Burgen und Abteien, Patrizierhäuser und Kirchen bzw. deren Ruinen geprägt ist. Diese steinernen Zeugen einer wechselvollen und ruhmreichen Vergangenheit künden von unruhigen Zeiten, in denen Ritter, Räuber und „arme Gecken“ die Geschichte des Landes bestimmten. Am Ausgang des Mittelalters spielten natürlich auch Bischöfe, Pröbste, Grafen, Schultheißen, Müllersburschen, Geschützmeister und Spielleute eine wichtige Rolle, die oft genug in kriegsähnliche Situationen gerieten oder skurrile Erlebnisse ihren Lauf nahmen wie bei der Schlacht von Sempach oder dem Buchsweiler Weiberkrieg.

Durch die lebendigen und sachkundigen Schilderungen der wichtigsten geschichtlichen Ereignisse, erlebt man beim Lesen des reichhaltig bebilderten Bandes die kriegerischen und friedlichen Auseinandersetzungen der einstigen Akteure und fühlt sich ins Mittelalter zurückversetzt. Für besonders interessierte Leser, die das manchmal unglaubliche Geschehen vor Ort erkunden wollen, hält das Buch verschiedene Tourenvorschläge in die Historie der einzigartigen Landstriches bereit.

Zum Inhalt:

Zur Einführung: eine kleine Kulturgeschichte des Elsaß - Der Sturm braut sich zusammen - Der Erzpriester und die „Wilden Engländer“ - Herr Enguerrand de Coucy und die Gügler - Intermezzo mit Sigismund von Schöneck - Herr Johann von Ochsenstein und die Schlacht von Sempach - Bischof Friedrich von Blankenheim und der Gefangene auf Burg Hoh-Rappoltstein - Bischof Wilhelm und der „Dachsteiner Krieg“ - Erstes Auftreten der „Schinder“ 1439 - Die Armagnaken - Das „Ulmer Grün“ und der „Wasselnheimer Krieg“ 1446-1448 - Die Pfälzer Kurfürsten - Der „Lützelsteiner Krieg“ 1447-1452 - Die Lichtenberger: Fehde mit den Leiningern, „Pfälzer Krieg“ und „Buchsweiler Weiberkrieg“ - Raubritter und Heckenreiter - Der „Weißenburger Krieg“ - Der „Sechsplappertkrieg“ - Die „Burgunderkriege“ - Lokale Händel - Die Puller von Hohenburg - Ritter Hans von Trotha, genannt „Hans Trapp“ - Der „Bundschuh“ von Schlettstadt - Die Rappoltsteiner und die „Messalina“ des Elsaß - Das geistige Leben im Elsaß - Kriegswesen und Kriegführung im Elsaß seit dem Einfall der Armagnaken

Tourenvorschläge: Tourenvorschlag I (Unterelsaß): Vier Burgen von Oberseinbach - Tourenvorschlag II (Oberelsaß): Die Fünfburgenstraße

Anhänge: I. Graf Johann von Habsburg-Laufenburg und Herzlaude von Rappoltstein - II. Der „Vierherrenkrieg“ 1405-1408 - III. Die Liste der namentlich bekannten Straßburger Patrizier, die im „Dachsteiner Krieg“ aus der Stadt zogen - IV. Der Aufbruch der Schweizer Kontingente aus St. Gallen vor der Schlacht von Grandson - V. Eine Ballade von Adolf Stöber, die in August Stöbers „Oberrheinischen Sagenbuch“ aus dem Jahre 1842 wiedergegeben ist, setzte Ritter Hans Marx von Eckwersheim ein literarisches Denkmal - VI. Eine ganze Anzahl von literarischen Texten wurde durch die elsässische Volkssage vom Riesenfräulein auf Burg Nideck inspiriert - die bekannteste ist wohl die Ballade von Adalbert von Chamisso - VII. Die auf den sogenannten „Callianer Siegestafeln“ in Trient namentlich erwähnten Feldzugsteilnehmer vom Jahre 1487 lauten wie folgt - VIII. Bericht vom Gefecht beim Bruderholz im Schwabenkrieg / Schweizerkrieg

Deutsch-französisches Glossar – Literaturhinweise – Ortsverzeichnis – Personenverzeichnis - Sachverzeichnis

Zum Autor:

Hagen Seehase wurde 1965 geboren und ist als Lehrer des höheren Lehramtes und im Schuldienst in Niedersachsen beschäftigt. Nach seinem Wehrdienst bei den Panzergrenadieren studierte er in Braunschweig Geschichte und Germanistik. Freiberuflich arbeitet er als Autor für verschiedene kultur- und militärgeschichtliche Zeitschriften und veröffentlichte über 5 Bücher zur schottischen Historie. Für den Erfolgsband „Die Highlander - Band 1“ wurde er mit dem „Diploma of Honour“ der „St. Andrews Association des Order of St. Andrew“ ausgezeichnet.

Buchauszüge:

Jakob von Lichtenberg, der sich aus der Politik stets zurückgehalten hatte, verursachte nun einen handfesten Skandal. Vor dem Tod seiner Frau oder kurz danach war eine junge Dame einfacher Herkunft - man spricht davon, der Vater sei Bauer gewesen - auf die Burg Lichtenberg gekommen: zunächst als Dienstmagd. Die Dame, 1430 geboren, war jung, sehr hübsch, charmant - so sah es jedenfalls Graf Jakob - und sehr ehrgeizig. Sie hieß Barbara von Ottenheim, genannt die „Schöne Bärbel“. Nach dem Tode Gräfin Walburgas wurde sie des Grafen Geliebte und spielte sich gegenüber den Dienstleuten und dem ganzen gräflichen Haushalt in der Wasserburg Schloss Buchsweiler als Herrin auf. Der verliebte Jakob ließ es ihr durchgehen. Die örtliche Bevölkerung jedoch nicht: nachdem Bärbel sie mit abverlangten Frondiensten traktiert hatte, griffen die Leute aus Buchsweiler 1462 zu den Waffen. Bärbel hatte den Bogen überspannt: wöchentlich mussten zwei Tage Frondienste geleistet werden, den armen Bauern wurde nicht einmal Essen dabei gereicht. Auf Widerrede stand der Arrest, den Leuten wurde es zu bunt, man schickte eine kleine Mission zum Grafen, die Beschwerden vorzutragen. Der hörte sich alles an, dann entließ er die Abgesandten wieder und es änderte sich nichts. Daraufhin besetzten die Leute aus Buchsweiler ein Stadttor mit sechs Bewaffneten. Alle übrigen Männer zogen aus der Stadt hinaus, einige gingen zur Burg Lichtenberg, dem Grafen Ludwig ihre Beschwerden vorzutragen. Bärbel meinte nun, die zurückgebliebenen Frauen und Kinder zum Verlassen der Stadt nötigen zu können. Das taten die aber nicht. Auf den Befehl des Amtmannes des Grafen Jakob kam in jedem Haus nur eine abschlägige Antwort. Als dann die „Schöne Bärbel“ den Schlosswächtern befahl, die Weiber und Kinder aus der Stadt zu werfen, erlebten diese eine echte Überraschung. Die Frauen der Stadt hatten sich mit Heugabeln, Spießen, Äxten, Bratspießen und Hämmern bewaffnet und trieben die Schlossmannschaft zurück. Inzwischen kam nun auch Graf Ludwig mit Bewaffneten heran und aus der Stadt Straßburg erschienen ebenfalls Reiter. Die Stadt war bald in der Hand Ludwigs, um das Schloss wurde ein regelrechter Belagerungsring gezogen. Tief gekränkt von der Haltung seines Bruders wollte Graf Jakob209 seinen Bruder nun enterben. Das wollte der natürlich nicht, andererseits wollte er auch nicht die Leute Buchsweilers der Willkür der „Schönen Bärbel“ ausliefern. Es kam durch die Vermittlung der Ochsensteiner und der Fleckensteiner sowie einiger Straßburger Amtspersonen ein Kompromiss zustande: alle Untertanen Jakobs sollten schwören, Graf Ludwig als Herren anzuerkennen, falls Jakob vor ihm stürbe. Barbara wurde ausgewiesen. Aus der Verbannung nach Speyer holte sie aber Jakob schnell zurück. Sie nahm schließlich im Stephansfelder Hof in Hagenau Wohnsitz, wo sie an einen gewissen Advokat Eucharius verheiratet wurde.

(Kap. "Der Buchsweiler Weiberkrieg")

Zur lokalen Berühmtheit brachte es Ritter Hans von Trotha durch seine Fehde mit dem Abt des Benediktinerklosters Weißenburg, und das kam so: Der Berwartstein und einige Dörfer und Meierhöfe, dazu Wald- und Weiderechte, eben das „Zubehör“, standen ursprünglich im Eigentum des Klosters, und die Kurpfalz hatte nach Ansicht des Abtes kein rechtmäßiges Eigentum an der Burg erworben, konnte also gar nicht Ritter Hans von Trotha damit belehnen.394 Als dieser dann 1485 schließlich zu der Burg noch die Ländereien einforderte, wandte sich der Abt Henricus395 an den Kurfürsten. Philipp der Aufrichtige war seit 1476 Kurfürst und hatte nach jahrelangen zähen Verhandlungen auch die Landvogtei über die Elsässer Reichsstädte erhalten. Eigentlich wäre er in dieser Position verpflichtet gewesen, sich der Sache der Weißenburger anzunehmen. Dieser reagierte jedoch anders als vom Kloster erwartet und ließ Hans von Trotha keineswegs fallen: Er verlegte sich zunächst auf Ausflüchte, dann erhob er ihn sogar in den Rang eines Hofmarschalls und verkaufte ihm den gesamten strittigen Besitz am 21. Februar 1485.396 Letzteres war ein gewiefter Schachzug: als Lehnsherr hätte er eine gewisse Verantwortung für die Taten und Untaten seines Vasallen übernehmen müssen. Nun war der Herr im eigenen Haus, und es schien seinen Tatendrang nur befördert zu haben. Als die Streitigkeiten mit dem Kloster auf dem Höhepunkt angelangt waren, ließ Hans die nahe Wieslauter aufstauen und entzog so dem flussabwärts gelegenen Städtchen Weißenburg das Wasser. Es entstand ein kleiner Stausee, der die vor dem Örtchen Bobenthal gelegene Talaue überflutete. Nach Beschwerden des Abtes sorgte Hans wie geplant für das Einreißen des Dammes und verursachte in Weißenburg eine gewaltige Überschwemmung mit erheblichen wirtschaftlichen Schäden.397 Der Ritter führte nun offen Fehde gegen den Abt. Er besetzte eine der vier Schutzburgen der Abtei (es war die Burg St. Remy), zog mit 2000 Mann gegen die Stadt und nahm die Dörfer Steinfeld und Kapsweyer ein. Die Appellationen des Abtes an den Kaiser brachten gar nichts. So verlegte er sich darauf, den Papst - es war Innozenz VIII. - mit Eingaben diesbezüglich aufzusuchen.

(Kap. "Ritter Hans von Trotha, genannt Hans Trapp")

Wilhelm von Hungerstein, ein Vasall der Herren von Rappoltstein, bewohnte das kleine Schloss von Hungerstein und heiratete nach dem Tod seiner ersten Frau (die Ehe war kinderlos geblieben) ein zweites Mal - er war bereits über 60 Jahre alt. Angetraut wurde ihm Kunigunde Giel von Gielsperg, die wesentlich jünger war als Wilhelm von Hungerstein, außerdem sehr attraktiv und verschlagen. Ihr Charakter war derart verdorben, dass Pfeffel sie als „Messalina des Elsaß“ bezeichnete. Kunigunde von Hungerstein, geborene von Gielsperg, verschleuderte das Vermögen ihres Gatten, außerdem setzte sie ihm Hörner auf. Ihre vielen Buhlschaften waren hinlänglich bekannt. Wilhelm von Hungerstein verschloss seine Augen nicht vor den Umtrieben seiner Frau, es fehlte ihm bloß das Mittel, sie zu stoppen. Als sich auch noch ein Bruder Frau Kunigundes - Wernher von Gielsperg -422 auf Hungerstein herumtrieb, die ganze Sippschaft mit Gegenständen aus Wilhelms Besitz reich beschenkt wurde (aber nicht von Wilhelm), reichte es diesem. Er trug den Fall Herrn Wilhelm von Rappoltstein vor, der die Notbremse zog. Die Finanzen der Hungersteiner wurden unter Aufsicht gestellt, der Haushalt arg geschrumpft. Zwei Knechte wurden Wilhelm (den das freute) und Kunigunde (die das ärgerte) zugestanden. Die verschlagene Kunigunde konspirierte mit den Knechten, entweder bestach oder betörte sie sie und verleitete sie zu einer bösen Tat. Im Keller des hungersteinschen Hauses ermordeten die beiden am 25. Mai 1487 Herrn Wilhelm. Es heißt, sie hätten ihn erdrosselt. Den Strick hätte Kunigunde selbst herbeigebracht. Vorher pressten sie dem armen Wilhelm von Hungerstein eine handschriftliche Erklärung ab, er unternähme eine Wallfahrt nach Jerusalem. Die Leiche versteckten sie im Wald. Kunigunde dachte sich eine Geschichte aus, um das Verschwinden ihres Mannes zu erklären. Dabei spielte natürlich der fingierte Brief eine Rolle. Da sie aber einem der Knechte Kleidungsstücke ihres Mannes schenkte, führte diese seltsame Geste zur Aufdeckung der Mordtat.

Es folgte ein Gerichtsverfahren, in dem die Beteiligten die gerechte Todesstrafe empfingen, was im Falle der Frau Kunigunde aber nicht so ganz einfach war. Als Mörderin und Ehebrecherin wurde sie zum Tode durch Ertränken verurteilt. Nun trat einer der Liebhaber Kunigundes auf den Plan - diese Person ist bis heute anonym, da Pfeffel den Namen nicht mitteilen wollte, es musste sich also um einen Angehörigen einer führenden Familie gehandelt haben. Dieser Herr bestach den Gerichtsvogt. Frau Kunigunde wurde in Leimen423 gebunden ins Wasser des Flüsschens Birsig geworfen, die Strömung trieb den scheinbar leblosen Körper den Fluss hinab. Dort wurde sie aber von ihrem Liebhaber und einigen Gesellen herausgefischt und wiederbelebt. Alsdann verfügte man sich in die Schweiz. Als nach einiger Zeit Wilhelm von Rappoltstein von der Sache erfuhr, wurde er fuchsteufelswild und setzte alle Hebel in Bewegung, die Malefikantin der Gerechtigkeit zuzuführen. Nach vier Jahren wurde er ihrer habhaft. Nach damaligem Rechtsbrauch konnte man eine Hinrichtung nicht einfach wiederholen, also ließ er Frau Kunigunde lebenslänglich einsperren, in einem Verließ auf der St. Ulrichsburg. Wilhelm von Rappoltstein traf Vorkehrungen, damit sie nicht wieder ihre weiblichen Reize einsetzen konnte, die Bewacher zur Dienstpflichtverletzung und Fluchthilfe zu verleiten. Anscheinend gelang es ihr aber trotzdem einmal: 1507 entkam sie kurzzeitig mit der Hilfe des Knechtes Philipp von Bacharach (und einer Leiter). Sie wurde aber umgehend wieder eingefangen und verbrachte den Rest ihres Lebens im Verließ auf der St. Ulrichsburg.

(Kap. "Die Rappoltsteiner und die ´Messalina´ des Elsaß")

Buchangaben:

234 Seiten mit vielen Farb- und Schwarz-weiß-Abbildungen, Tourenvorschlägen, dem deutsch-französischen Glossar, Literaturhinweisen und dem Orts-, Personen- und Sachverzeichnis, Hardcover, Format 16,5 x 24,5cm

EUR 26,10 (A) / CHF 45,70



Anzahl:

  • ISBN: 978-3-943210-20-0
  • 64 Stück auf Lager


Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 15. Dezember 2022 im Shop aufgenommen.

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